Gruppenfahrt

Gruppenfahrt

Sind die Unfallbeteiligten Teil eines Motorradpulks und gehörte zu der verabredeten Fahrt auch die erhebliche Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, ist von einem wechselseitigen Haftungsverzicht auszugehen.

Das verabredungsgemäße Fahren im „Pulk“ ist deshalb besonders gefahrenträchtig, weil damit notwendig und für die Beteiligten erkennbar der weitgehende Verzicht auf die von der StVO vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zu Vorder- und Nebenmann einhergeht.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten hatten sich zu viert zu einer Motorradausfahrt verabredet. Besprochen war, dass die Beteiligten versetzt fahren sollten, zu der Abrede gehörte auch, dass erhebliche Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten begangen werden sollten.

In den Gründen heißt es weiter:

Dass die Einhaltung der Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung für die Teilnehmer der Fahrt nicht im Vordergrund stand, ergibt sich auch aus der unstreitigen Tatsache, dass sowohl der Kläger als auch der Beklagte kurz vor dem Unfall verbotswidrig (…) einen Pkw überholt hatten.

In solchen Konstellationen ist nach Ansicht des Gerichts – ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Sportveranstaltungen – ein stillschweigender Haftungsausschluss anzunehmen. Eine Inanspruchnahme des Schädigers kann danach nur erfolgen, wenn dieser eine gewichtige Regelverletzung der für die Veranstaltung abgesprochenen Verhaltensweisen begangen hatte und sich diese ursächlich ausgewirkt hatte.

Aufgrund des hohen Gefahrenpotentials solcher Veranstaltungen sei (bei regelkonformen Verhaltens) regelmäßig zwischen den Teilnehmern stillschweigend ein Haftungsausschluss vereinbart.

Das Gericht führt dazu aus:

„Wird die allgemeine Gefahr, die mit der gemeinsamen sportlichen Betätigung verbunden war, von den Beteiligten bewusst auf sich genommen und kann zusätzlich dem einen kein größerer Vorwurf gemacht werden als dem anderen, so besteht keine Veranlassung, den einen mit höheren Haftungsrisiken zu belasten als den anderen.

Im Streitfall war das verabredungsgemäße Fahren im “Pulk” deshalb besonders gefahrenträchtig, weil damit notwendig und für die Beteiligten erkennbar der weitgehende Verzicht auf die von der StVO vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zum Vorder- und Nebenmann einherging.

Dies bedeutet aber zugleich die Inkaufnahme der damit unweigerlich verbundenen erhöhten Sturzrisiken, die auch bei erhöhter Aufmerksamkeit der Fahrer nie auszuschließen sind, weil jederzeit Verkehrssituationen auftreten können, auf die mit plötzlichen Richtungswechseln oder abrupten Bremsmanövern reagiert werden muss.“

OLG Brandenburg, Urteil vom 28.06.2007, Az.12 U 209/06