Renntraining

Renntraining

Fahrsicherheitstraining auf der Rennstrecke – Sicherheitstraining und Haftungsverzicht

 

Solange ein Versicherungsschutz durch den Haftpflichtversicherer bei Veranstaltungen auf Rennstrecken besteht, sind Ansprüche gegen den Schädiger und die Versicherung nicht ausgeschlossen.

Ansprüche gegen den Schädiger sind dann ausgeschlossen, wenn es sich bei der Veranstaltung um eine Rennveranstaltung handelt und der Versicherer aus diesem Grund nicht regulieren muss.

Eine Rennveranstaltung liegt vor, wenn es sich hierbei um Fahrten zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten handelt. Fahrsicherheitstrainings sind dann keine Rennveranstaltungen, wenn diese nicht der Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten dienen.

Ob es sich um eine Rennveranstaltung handelt ist im jeweiligen Einzellfall zu beurteilen, wichtiges Kriterium sind die Einstufung der Veranstaltung durch die örtliche Gemeinde sowie die Richtlinien des Veranstalters.

Im vorliegenden Fall hatte der BGH über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Bei der Veranstaltung auf dem Hockenheimring wurde nach einem Punktesystem gewertet.

Bester Fahrer war der, der die meisten Punkte sammelte. Die Höchstpunktzahl wurde für das präzise Einhalten der Rundenzeit von 1:35 Minuten vergeben. Hierdurch sollten Höchstgeschwindigkeiten gerade verhindert werden. Die Veranstaltung ist ebenfalls von der örtlichen Stadtverwaltung als Fahr- und Sicherheitstraining genehmigt worden.

Die Veranstaltung ist aufgrund dieser Tatsachen nicht als Renntraining qualifiziert worden.

In den Urteilsgründen heißt es: „Der Senat (das Gericht) hat entschieden, dass bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential, bei denen typischerweise auch bei Einhaltung der Wettbewerbsregeln oder geringfügiger Regelverletzung die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht, die Inanspruchnahme des schädigenden Wettbewerbers für solche – nicht versicherten – Schäden eines Mitbewerbers ausgeschlossen ist, die er ohne gewichtige Regelverletzung verursacht.“

Mit anderen Worten: Wer bewusst an einer gefährlichen Veranstaltung teilnimmt soll nur für Schäden belangt werden können, die durch einen schweren Regelverstoß des Schädigers entstanden sind.

Der BGH begründet dies wie folgt: „Grund (für die eingeschränkte Haftung) ist, dass bei solchen Veranstaltungen jeder Fahrer durch die typischen Risiken in gleicher Weise betroffen ist und es mehr oder weniger vom Zufall abhängt, ob er bei dem Rennen durch das Verhalten anderer Wettbewerber zu Schaden kommt oder anderen selbst einen Schaden zufügt, wobei hinzu kommt, dass sich bei Unfällen beim Überholen oder bei der Annäherung der Fahrzeuge oft kaum ausreichend klar feststellen lassen wird, ob einer der Fahrer und gegebenenfalls welcher die Ursache gesetzt hat.

Da den Fahrern, die an einem solchen Wettbewerb teilnehmen, die damit verbundenen Gefahren im Großen und Ganzen bekannt sind und sie wissen, dass die eingesetzten Fahrzeuge erheblichen Risiken ausgesetzt sind, sie diese aber gleichwohl wegen des sportlichen Vergnügens, der Spannung oder auch der Freude an der Gefahr in Kauf nehmen, darf jeder Teilnehmer des Wettkampfs darauf vertrauen, nicht wegen solcher einem Mitbewerber zugefügten Schäden in Anspruch genommen zu werden, die er ohne nennenswerte Regelverletzung aufgrund der typischen Risikolagen des Wettbewerbs verursacht.

Die Geltendmachung solcher Schäden steht damit erkennbar in Widerspruch und muss nach Treu und Glauben nicht hingenommen werden“ (Der BGH bezieht in dieser Aussage damit auf ein älteres Urteil aus dem Jahr 2003, BGHZ 154, 316).

Kein Haftungsausschluss soll allerdings dann gegeben sein, wenn der eingetretene Schaden versichert ist.

Zum einen sei die Frage des Haftungsausschlusses in der vom BGH in 2003 getroffenen Entscheidung ausdrücklich offen gelassen worden, zum andern bedarf es bei bestehendem Versicherungsschutz gerade nicht des Haftungsausschlusses, um den Teilnehmer vor den erheblichen Folgen eines solchen Unfalls zu schützen. Die mit dem Unfall einhergehende Rückstufung in der Schadensfreiheitsklasse wiederum ist zum einen nicht unzumutbar, zum andern keine unzumutbare Belastung.

Der BGH führt in den Urteilsgründen hier aus:

„Diese Frage ist nunmehr dahin zu beantworten, dass im Regelfall weder von einem konkludenten Haftungsausschluss ausgegangen noch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen als treuwidrig angesehen werden kann, wenn für die aufgrund des besonderen Gefahrenpotentials der Veranstaltung zu erwartenden bzw. eintretenden Schäden für die Teilnehmer Versicherungsschutz besteht. (…)

Der Grund für die Annahme eines treuwidrigen Verhaltens liegt bei fehlendem Versicherungsschutz gerade darin, dass dem schädigenden Teilnehmer der sportlichen Veranstaltung ein besonderes Haftungsrisiko zugemutet wird, obwohl der Geschädigte die besonderen Risiken der Veranstaltung in Kauf genommen hat und ihn die Rolle des Schädigers ebenso gut hätte treffen können.

Sind die bestehenden Risiken durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt, besteht weder ein Grund für die Annahme, die Teilnehmer wollten gegenseitig auf etwaige Schadensersatzansprüche verzichten, noch erscheint es als treuwidrig, dass der Geschädigte den durch die Versicherung gedeckten Schaden geltend macht.

Auf diesem Hintergrund kann die Inanspruchnahme des Mitteilnehmers einer gefährlichen Veranstaltung für entstandene Schäden in der Regel nicht als treuwidrig angesehen werden, wenn dieser dadurch keinem nicht hinzunehmenden Haftungsrisiko ausgesetzt wird, weil Versicherungsschutz besteht.“

 

Fazit

Bei Unfällen, die anlässlich der Teilnahme an einer Veranstaltung auf einer Rennstrecke stattfinden ist zunächst abzugrenzen, ob es sich um eine Rennveranstaltung oder um ein Fahr- und Sicherheitstraining handelt. Wichtige Indizien für die Einordnung sind die Beschreibung der Veranstaltung durch den Teilnehmer und die Stadtverwaltung.

Bei Einordnung als Rennveranstaltung besteht regelmäßig kein Anspruch gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung, da die Haftung entweder ausdrücklich oder konkludent ausgeschlossen ist oder der Geltendmachung der Ansprüche die Einrede von Treu und Glauben entgegen stehen. Bei Einordnung als Fahr- und Sicherheitstraining bestehen Ansprüche gegen den Schädiger soweit dessen Haftpflichtversicherung eintrittspflichtig ist.

BGH, Urteil vom 29.01.2008, VI ZR 98/07